Schwertscheide des 11. Jahrhundert

Der Kern besteht aus Birkenholz und hat eine Materialstärke von etwa 1,6mm. Er ist innen mit Robbenfell ausgekleidet. Um den Kern sind drei Lagen Leinenstoff geleimt, um 90° zueinander versetzt. Die äußeren Lagen liegen dachziegelartig übereinander und schließen mit der Webkante ab.

Hier gibt es ein kleines “Making-of”.

Diese Rekonstruktion basiert auf den Aussagen in Professor Geibigs Buch zur Schwertentwicklung (1), zeitgenössischen Miniaturen und Skulpturen, archäologischen Funden und praktischen Überlegungen. Die Miniaturen und Skulpturen sind am Ende der Seite aufgelistet.

 

 

Der Schwertgurt besteht aus zwei separaten Teilen, die jeweils in einer Schlaufe enden und über den Scheidenkörper geschoben sind. Die noch aus der Merowingerzeit bekannten metallenen Durchzüge existieren im 11. Jhd nicht mehr. Die Methode, den Schwertgurt kreuzförmig um die Scheide zu binden, taucht erst im 12. Jhd auf. Abbildungen des 11. Jhd zeigen einige Male zwei parallele Linien quer zur Scheide.

Der Schwertgurt wird mit einer schlichten eisernen Schnalle geschlossen.
Verschiedene Abbildungen des 11. Jahrhundert zeigen deutlich Schnallen am Schwertgurt.

 

Das Ortband ist eine Kopie des salischen Ortbands vom Schwanberg bei Kitzingen in Unterfranken. Es handelt sich um einen Lesefund in Privatbesitz. Es wurden etwa ein Dutzend zeitgenössische bronzene Ortbänder in Mitteleuropa nördlich der Alpen gefunden.

Hier gibt es mehr zu diesem Ortband und dem Original .


Die beiden äußeren Lagen der Stoffwicklung sind unterschiedlich eingefärbt. Dadurch ergibt sich das gestreifte Erscheinungsbild. Zwar gibt es einige Abbildungen, die als Schwertscheiden mit Streifenmuster gedeutet werden könnten, dennoch dürften die Schwertscheiden üblicherweise einfarbig gewesen sein. Der größte Teil der Abbildungen zeigt einfarbige Scheiden ohne Verzierungen.

Der Schwertgurt besteht aus Rindsleder. Er ist auf seiner vollen Länge in Leinenstoff eingenäht und mit Sprüchen bestickt. Die Sprüche lauten
“per me reges regnant” (durch mich regieren Könige)
 “benedictus do(minu)s de(u)s qvi docet manus” (gesegnet sei der Herr und Gott, der die Hand <zu führen> lehrt).
Der erste Spruch stammt von der deutschen Reichskrone. Sie stammt aus der 2. Hälfte des 10. Jahrhundert und ist mit mehreren Emailplatten verziert. Diese tragen Inschriften aus den Sprüchen Salomonis.
Der zweite Spruch stammt vom Knauf des sog. “Reichsschwerts” oder “Mauritiusschwerts”. Das Schwert datiert um 1200 und die dazugehörige Scheide um die Mitte des 11. Jahrhundert.
Der Gurt für das Reichsschwert besteht aus Stoff (Seide und Goldfäden) und schmückt sich ebenfalls mit einem Spruch. Dieser ist, genau wie die übrigen Verzierungen, eingewebt. Der Gurt war ursprünglich sehr bunt, rot grün braun und hellblau. (2)

Der Scheidenmund hat einen Abschluß aus Leder. Die Öffnung in der Deckplatte ist nicht größer als der Klingenquerschnitt. Das schützt das Scheideninnere vor Fremdkörpern und Feuchtigkeit.
Obwohl etwa ein Dutzend Ortbänder gefunden wurden, existiert kein einziger erhaltener Beschlag des Scheidenmunds. Dagegen zeigt mindestens eine Abbildung, daß es einen oberen Abschluß gab. Leder als leicht vergängliches Material erscheint für eine Rekonstruktion geeignet.

Literatur:
(1) Beiträge zur morphologischen Entwicklung des Schwertes im Mittelalter, Eine Analyse des Fundmaterials vom ausgehenden 8. bis zum 12. Jahrhundert aus Sammlungen der Bundesrepublik Deutschland, Prof. Alfred Geibig, Offa-Bücher Band 71, Karl Wachholtz Verlag Neumünster 1991, ISBN 3529011711
(2) Weltliche und Geistliche Schatzkammer, Kunsthistorisches Museum Wien 1987, ISBN 3-7017-0499-6

Teppich von Bayeux (kurz nach 1066). Schnallen am Schwertgurt.

Sakramentar Kaiser Heinrich II
Kurz nach 1002 n.Chr. (zw. 1002 und 1020)
Kloster Emmeram
Bayerische Staatsbibl. München Clm 4456

Schnallen am Schwertgurt.

 

Evangeliar Kaiser Otto III
um 1000 n.Chr.
Kloster Reichenau
Bayerische Staatsbibl. München Clm 4453

zwei parallele Linien quer zur Scheide.


Prudentius Carmina
St. Gallen Codex 135
3. Viertel 11. Jahrhundert
Seite 425

Kalendar, Lektionar, Graduale, Sakramentar
St. Gallen Codex 342, Seite 281
10. - 11. Jhd. Diese Zeichnung vermutlich 10. Jhd.

Details am Scheidenmund

Leiden Ms Periz S17, fol 16r
um 970
 

Schwertscheiden mit Streifenmuster?


Pierpont Morgan Libary Ms M781
Salzburg, 2. Viertel 11. Jahrhundert
fol 85v

Prudentius Carmina, St. Gallen Codex 135, Seite 419
3. Viertel 11. Jahrhundert

Gut zu sehen ist die Öffnung in der Abschlußplatte am Scheidenmund.

Evangeliar Kaiser Otto III
um 1000 n.Chr.
Kloster Reichenau
Bayerische Staatsbibl. München Clm 4453
fol 107r

Stark beschädigtes Relief, gefunden bei Ausgrabungen in der östlichen Krypta des “Old Minster” in Winchester, England.

Vermutlich zwischen 1016 und 1035.

Es zeigt einen Riemen, der x-förmig um die Scheide gebunden ist und schräg hoch zum Gürtel führt. Vermutlich eine zusätzliche Fixierung der Schwertscheide, die einen besseren Sitz durch weniger Bewegungsfreiheit bewirken sollte.

Zeitgenössische Ortbänder aus Privatbesitz.
Die beiden äußeren wurden in Höchberg bei Würzburg gefunden, das Mittlere ist das für diese Rekonstruktion verwendete vom Schwanberg bei Kitzingen.
Siehe hierzu auch: “Ein durchbrochenes Schwertortband vom Schwanberg bei Rödelsee” in: Mainfränkische Studien Band 37, Würzburg 1986